In den letzten Monaten gab es nichts Langweiligeres als die Börse. Dünne Umsätze, lustloses Schaukeln und gut ausgelegte Bullen – und Bärenfallen, an denen viele Knock-Out-Zertifikate ihren Tod fanden. Mark Twain hatte irgendwie doch recht. Die Monate von August bis Juli sind gefährliche Börsenmonate. Das ist eine leicht abgewandelte Form seiner These. Doch die Zeiten ändern sich ja auch. Und Twain schaut sich das Ganze von oben sicherlich mit tiefer Heiterkeit an. Und jetzt stehen auch noch die berühmten Crashmonate September und Oktober an. Der September begann schon mal mit einem Crash – einem nach oben. Wurde aber auch Zeit...

 

Seit 1965 hat der DAX zwischen Mitte August und Ende Oktober im Durchschnitt 2,7 Prozent an Wert verloren hat. In 20 von 45 Jahren verlor er dabei mehr als 5 Prozent. Richtige Crashs werden immer im Oktober serviert. Als Nachtisch gibt es dann eine Jahresendralley ab November. Wenn alles normal läuft, passiert das in diesem Jahr auch wieder. Aber was ist heute schon normal. „Quo vadis Amerika“ ist die Diskussion der letzten Wochen überschrieben. Mit 17 Prozent am Welt-BIP spielen die USA inzwischen eine immer unbedeutendere Rolle. Der Weg eines Schwellenlandes nach oben ist steinig. Der umgekehrte Weg aber auch.

 

Obama will das Land zu einer Exportnation umbauen. Das könnte durchaus etwas länger dauern. Es erfordert zudem, dass der Dollar abwertet, was er längst schon hätte tun müssen. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Wenn es klappt, irgendwann, sieht ein Dow Jones bei 20.000 Punkten nach echtem Boom aus. Was er dann wert ist, wäre die nächste Frage. Vermutlich weniger als heute. Und wenn sie mich fragen, braucht man keine US-Aktien. Aber fragen Sie mich bitte nicht.

 

Zumindest leidet Amerika nicht wie wir hierzulande unter einem „Aufschwung XL“. Die Sorge vor einem erneuten Abgleiten in die Rezession wird hierbei viel zu heiß gekocht, denn diese Gefahr besteht gar nicht. Amerika ist aus der letzten Rezession überhaupt nicht heraus gekommen. Dazu bräuchte man einen echten Kaufrausch der Bürger, die 71 Prozent des US-BIP ausmachen. Wie kann man nur reich werden mit dem Einkaufen, würde meine Oma fragen. Wahrscheinlich würde ich ihr sagen, dass das wohl geht, wenn man weltweit Waren ordert und als Bezahlung kleine grüne Zettel liefert, die noch warm aus der Druckmaschine kommen. Noch ist der Dollar die Weltleitwährung, aber lange schon nicht mehr so gut wie Gold – eher soviel wert wie Worte. Solange das nicht auffliegt, funktioniert das.

 

Apropos Konsum… Deutschland, Du hast es besser. So jedenfalls der Tenor im medial geführten und gefühlten Boom über die Konsumenten hierzulande. Während der GfK-Konsumklimaindex etwas steigt, sind im letzten Monat die Einzelhandelsumsätze völlig unerwartet und überraschend um erstaunliche 0,3 Prozent gefallen. Komisch, aber wie vermutet: Die Leute sind kaufwillig, aber nicht kauffähig. Und hier gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den USA und Deutschland. Inzwischen denkt man in den USA schon wieder an Konjunkturprogramme und Geldspritzen, während die US-Notenbank die Schlüssel für die Kellerräume sucht, in denen die Gelddruckmaschinen stehen. Nur zu! Für Aktien ist das eine gute Nachricht. In einem See voller Liquidität steigt jedes Boot.

 

Apropos Liquidität... Sehr „liquide“ war der August an der Börse. Es regnete Minuszeichen wie draußen eimerweise das Wasser.

Gold und Silber zeigten Aktien erneut die lange Nase. US-Aktien im Schnitt vier Prozent. Und auch dem DAX erging es nicht besser. Er schwimmt weiter in seinem Flussbett zwischen 5.800 und 6.300 Punkten umher. Wohin die Reise letztlich geht, weiß niemand recht zu sagen, außer natürlich die vielen Experten, die mit stilsicherem Auftreten versichern, dass sie es auch nicht wissen. Nur eins ist klar: In welche Richtung der DAX auch seine Bandbreite verlassen wird - es wird eine gewaltige Bewegung. Ich würde mich an beiden Enden dieser Spanne auf die Lauer setzen und bis dahin die Füße still halten. An der Börse muss man immer mit allem rechnen, vor allem mit dem Gegenteil.

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